Die anhaltende Diskussion um Qualitätsindikatoren und Instrumente wie public reporting sowie P4P in Deutschland ist noch
immer sehr von den oben geschilderten technischen und methodischen Fragen bestimmt, was einerseits mit den spezifischen
Interessenlagen der Beteiligten zusammenhängt, andererseits aber auch die Wichtigkeit dieser Fragen hervorhebt. Wenn die
Qualität der Versorgung wettbewerbsrelevant werden soll, muss zu diesen Problemen
Einvernehmen hergestellt werden, zumindestens insoweit, als dass normative
Regelungen Fuß fassen können. Jedoch kann man nicht davon absehen, dass
zusätzlich die konzeptionellen und Systemfaktoren von noch weitreichenderer
Bedeutung sind, denn sie spiegeln unser grundsätzliches Verständnis des
Gesundheitssystemes und des Verhaltens seiner Akteure wieder. Sie zeigen nicht nur
die Bedeutung der Rahmenbedingungen für Instrumente wie P4P auf, deren
genügende Beachtung dann zu den gewünschten Ergebnissen kommt. Vielmehr bilden sie, wie oben bereits angeführt, den
Erwartungshorizont für die Wirkung von Interventionen wie der Einführung von P4P. Umsetzungs- und Gesundheitssystem-
seitige Faktoren, hier nur in Beispielen genannt, bilden daher den Schwerpunkt der vorliegenden Darstellung und werden im
Folgenden in einer ersten Näherung dargestellt:
► Die Konzeption der Umsetzung von P4P umfasst in erster Linie die Annahmen zur internen und externen Motivation, die
beim Einsatz finanzieller Anreize im Gesundheitswesen zugrundegelegt werden, die organisationstheoretischen Konzepte zur
Führung von Angehörigen der Gesundheitsberufe (Stichwort Expertenorganisation), überhaupt Managementkonzepte für
Organisationen im Gesundheitswesen und - viertens - das Umgehen mit der hohen Komplexität, die für das Gesundheitswesen
typisch ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich das Gesundheitswesen gegenüber äußeren Einflüssen bislang sehr
erfolgreich abschotten konnte: Veränderungen werden selten als Chance, meist als Bedrohung gesehen, Stabilität und
Abschottung sind die Regel. Andererseits sind die (gesundheitspolitischen) Interventionen oft singulärer Natur, sie drehen nur
an einer Schraube, und sind insofern in ihrer Wirksamkeit beschränkt (s. politische Verantwortung, Kap. 6.3).
► Last not least sind natürlich Faktoren des Gesundheitssystemes zu berücksichtigen: kann man, um ein Beispiel zu
nennen, den ja nicht unerheblichen Mengenanreiz eines DRG-Systemes wirklich durch qualitätsbezogene Vergütungsanreize
egalisieren oder wenigstens positiv beeinflussen, so wie es im Koalitionsvertrag (S. 78) von CDU/CSU und SPD vom
27.11.2013 durch die Kopplung an den Mehrerlösausgleich insinuiert wird (s. Tableau 1). Sind durch P4P die
Koordinationsdefizite der konkurrierenden Sektoren, die ja für zahlreiche Qualitätsdefizite verantwortlich zeichnen, oder der
Mengenanreiz pauschalierender Vergütungssysteme zu überwinden? Hier ist Skepsis angezeigt. Andererseits wird auf diese
Weise auch deutlich, wo die Zukunft von Pay for Performance liegt: im gezielten Einsatz in sinnvoller Kombination mit anderen
Vergütungsinstrumenten (s. Kapitel 5).
In der Folge wird für das Verständnis dieser Faktoren im Hinblick auf gesundheitspolitische bzw. Vergütungs-bezogene
Interventionen ein Rahmenkonzept entwickelt, aus dem realistische Anforderungen, Erwartungen und Kontextfaktoren
abgeleitet werden können. Zunächst wird im nächsten Kapitel jedoch auf die bislang vorliegenden Evaluationsergebnisse der
verschiedenen internationalen P4P-Projekte eingegangen.
Weiter: 2. Langfristige Effekte und Weiterentwicklung, 2.1. Anfänglicher Optimismus
Seite
Kapitel
Seite
Kapitel
1. Einleitung
1.5. Konzeption und Gesundheitssystem
© Prof. Dr. med. Matthias Schrappe, Venloer Str. 30, D-50672 Köln
Impressum und Datenschutz
Schrappe, M.: P4P: Aktuelle Einschätzung, konzeptioneller
Rahmen und Handlungsempfehlungen, Version 1.2.1.
Gliederung: erfolgreiche Umsetzung
von P4P
- Technische Umsetzung (Kap. 1.3.)
- Methodik der Qualitätsmessung (1.3.-1.4.)
- Konzeption der Umsetzung
- Faktoren des Gesundheitssystemes
M. Schrappe
P4P: Aktuelle Einschätzung,
konzeptioneller Rahmen und
Handlungsempfehlungen