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Matthias Schrappe
Kochen
08.12.2018: Hamburger Aalsuppe  Das Rezept haben wir schon lange, eingeklebt in unserem heiligen Kochbuch, vor Jahrzehnten mit Schreibmaschine und Durchschlagpapier von der Mutter für ihre drei Söhne ausgestellt. Aber rangewagt haben wir uns noch nie, ist nämlich ein kleinwenig kompliziert, und überhaupt - wie kommt man an den Aal, ohne den Bausparvertrag aufzulösen? Die Hamburger Aalsuppe gibts zwar auch ohne Aal (”falsche oder ausgelassene Aalsuppe”), aber eigentlich ist das keine richtige Option. Und dann kommt noch dazu, dass das Original auf der Verwendung von frischem Aal besteht, der schwimmt hier aber nun leider nicht mehr so einfach rum. Allerdings klappt der Versuch mit geräuchertem Aal auch ganz gut, und so hat es für das Essen am 8. Dezember einen ganzen Aal gegeben (apropos Bausparvertrag: mal in der Aalräucherei Föh in Kappeln an der Schlei nachfragen, Übernachtkurier), erst für das Amuse geule, dann für die Aalsuppe. Später ergibt die Rückfrage bei der älteren Generation, das wir nicht die ersten waren, die diese Idee verfolgt haben. Als Basis für die Suppe braucht man “Schinkensud”, hergestellt aus einem - für die Puristen - echten Holsteiner Schinken. Da dieser in unseren Breiten nicht in jeder Speisekammer hängt, tuts sicherlich auch ein anderer (geräucherter!) Schinken(knochen), wichtig ist nur, dass er für die Herstellung mit dem Küchenbeil oder der Küchensäge in kleine Stücke zersägt wird, evtl. anrösten, und dann lange sieden. Bei uns traf es sich insofern gut, weil wir noch Schinkensud im Gefrierfach hatten. Für den unverwechselbaren Geschmack (und Geruch) reicht eine wirklich kleine Menge, 100ml für eine große Portion (6 Personen) sind allemal ausreichend.  Neben dem Aal ist in der HH Aalsuppe noch eine Fleischkomponente enthalten, sozusagen ”Restfleisch”, das man halt vom Schinkenknochen abkratzen kann. Wer keinen genuinen Schinkenknochen in die Schlacht führt (s.o.), nehme z.B. einfach eine Beinscheibe vom Rind, der zentrale Knochen nimmt den gleichen Gang wie der Schinkenknochen, und das feste Fleisch lässt man 4 Stunden lang simmern (mit ein paar Gewürzen), bis es zerfällt, man zupft es klein, und die Flüssigkeit wird später wie der Schinkensud zum Ablöschen und Garen verwendet. Als dritte Komponente braucht es außerdem reichlich Gemüse: 4 Zwiebeln, 1/2 Sellerie, 300 gr. Möhren, 2 Lauch sukzessive anbraten und mit dem Sud ablöschen, reichlich Pfefferbeeren, Wachholder, Lorbeer, teilw. zerdrückt, auch Piment schadet nichts. Hinzu kommen zwei Hände voll gehackter Kräuter, angefangen von Petersilie bis hin zu Kerbel und Estragon, was der Garten hergibt. Entscheidend ist nun die vierte Komponente: Obst. 250gr getrocknete Backpflaumen (eingeweicht), getrocknete Apfelscheiben oder 1 Boskop-Apfel, getrocknete Birnen (oder - s.u. - Kochirnen, 500gr. sollten es sein). Man darf nicht vergessen, Hamburg liegt nicht nur in Meeresnähe, sondern auch in der Nähe des Alten Landes, seiner Obstkammer, daher diese verschwenderische Verwendung von verschiedenen Ostsorten. Pflaumen, Birnen und Äpfel sollten nicht vollständig verkochen, sondern in der Suppe ncoh identifizierbar sein. Hier kann man erstmal halt machen, z.B. am Vortag, wenn man die Suppe für ein größeres Essen vorbereiten will. Beim vorsichtigen Warmmachen tut man dann den Aal dazu, den man vorher enthäuten und in kleine (Filet-) Stücke zerlegen sollte. Auch hier sollte die Suppe möglichst nicht stark kochen, damit sich der Aal nicht auflöst, sondern als Delikatesse erkennbar bleibt. Am Schluß abschmecken, etwas Zucker, Salz, frischer Pfeffer, etwas Essig. Das wars dann. Die Finesse dieser Suppe besteht in dem Nebeneinander von Aal und Fleisch auf der einen Seite und dem süßlichen Geschmack der unterschiedlichen Obstsorten auf der anderen Seite. Vorsicht, man darf nicht unter-würzen, sondern der Schinkensud und die Gewürze sowie Kräuter müssen als eigenständige Komponente erkennbar bleiben.
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