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Matthias Schrappe
Kochen
24.01.2019: Alfonsino der II. Gestern hatten wir mal wieder Glück, beim Fischhändler gab es Alfonsino, den roten Tiefseefisch mit den großen Augen, den man hier in La Palma angelt. Wir haben hier ja schon mal ein Festschmaus mit diesem wunderbaren Fisch veranstaltet und entsprechend geschildert (s. hier). In unserer diesjährigen Bleibe gibt es allerdings keinen Ofen, was uns dazu veranlasst hat (manche schlechte Nachricht hat ihre guten Seiten), uns ganz auf die Palette alternativer Garungsformen zu konzentrieren, so z.B. das Braten des gesamten Fischs oder das Braten oder das Dünsten von Filets im Topf. Was kam raus: ein Geburtstagsschmaus mit Salat, und dann Alfonsino-Filets mit Cayote-Tamarillo-Gemüse und Risotto auf Fischfond-Basis. Einer der großen Vorteile beim Filettieren des frischen Fischs ist die Tatsache, dass hierbei eine sehr gute Grundsubstanz für einen Fischfond “herausspringt”, der also nicht aus gegarten Fischresten (wie gewöhnlich bei uns, geben wir offen zu), sondern aus dem frischen “Knochengerüst” nebst Kopf und Flossen hergestellt wird. Wenn man gut plant, kann man sogar den Fischfond für das gleiche Essen verwenden, Reihenfolge: - Zwiebeln, Knoblauch und Gewürze für den Fond anbraten und mit Wein/Wasser schon mal aufsetzen, - Fisch filettieren, - das “Gerippe” zerteilen und in den Fondtopf tun (20 MInuten), - Fischfilets erstmal noch in den Eisschrank, denn vorher muss noch die Vorspeise und das Gemüse gemacht werden. Die Filets brät/dünstet man dann ad hoc, die brauchen nur wenige Minuten, da können die Gäste am Tisch sitzen bleiben. Nun filettiert man nicht alle Tage einen so großen Fisch durch den Rücken (obwohl: bei kleinen Fischen ist es noch schwieriger). Wer damit Erfahrung hat, soll es uns bitte nachsehen, dass wir das Vorgehen hier kurz darstellen, es kommt drauf an, diejenigen zu ermutigen, die das noch nicht so häufig gemacht haben. Wir kaufen nämlich gerne frischen Fisch, allerdings meist ohne ihn beim Fischhändler ausnehmen und schuppen zu lassen, und machen das schnell selbst (bleibt auch länger frisch. Also, wie geht man vor: - Vorbereiten: scharfes, kurzes und bei größeren Fischen robustes Messer und evtl. eine grobe Schere zur Hand haben, Brett für das Filettieren, Tüte oder Schale für die Abfälle sowie Teller für die Filets bereitstellen, Seife und Handtuch in erreichbare Nähe stellen; - den Fisch in der Spüle gut ansehen, insbesondere bei Brassen und Doraden die spitzen Rückenflossen identifizieren, Verletzungsgefahr! wir ziehen keine Schutzhandschuhe über, aber man muss dafür Vorsicht walten lassen, eine Wunde kann sich auch leicht mal infizieren; - den Fisch ausnehmen (mit Messer oder Schere durch den After möglichst weit zum Kiemen schneiden, unter laufendem Wasser die Eingeweide rausnehmen, evtl. auch abschneiden, alles gründlich auswaschen); - unter Wasser den Fisch schuppen, von achtern nach vorne, wieder aufpassen auf Verletzungen. Gerade der Alfonsino ist schwer zu schuppen, die Schuppen sind groß und fest verankert, also man braucht etwas Zeit und Geduld; - Spüle säubern (Schuppen), das größere Brett bereit legen; - durch “den Rücken” filettieren. Hierzu braucht man zwei Schnitte (anders als beim Ausnehmen), einen neben der Rückenflosse für das eine Filet, danach den Fisch drehen und nochmals einen Schnitt von der anderen Seite neben der Rückenflosse anbringen. Mit der einen Hand das entstehende Filet anheben und mit der führenden Hand bzw. dem Messer nur ganz fein schneidend, eher kratzend, das Filet erst von den Rückengräten und dann von den Bauchgräten lösen. Das geht recht einfach. Wenn ein oder zwei Bauchgräten fehlen, ist das nicht schlimm, man kann die später aus dem Filet herausziehen (komplett ist natürlich schöner). Wichtig: rechtzeitig und energisch das Filet von der Schwanzflossen und vom Kiemenbereich abschneiden, damit das Filet nicht zerreißt; - am Schluss hält man ein transparentes Gerüst aus Gräten in der Hand, das noch ein paar Fischreste (und den Kopf) trägt (s. Abb. oben). Man zerteilt es in ein paar Stücke und rein in den Fischfond. Die Filets abdecken und ggf. kühlen. So, jetzt ist Zeit für das Gemüse. Da haben wir dieses Jahr eine Neuentdeckung anzubieten: die Cayote. Eine bisweilen etwas stachelige birnenförmige Gemüsefrucht, die hier überall wächst und in etwa wie Kohlrabi zu behandeln ist, also anrösten, Salz, Pfeffer, etwas Flüssigkeit, bei geschlossenem Deckel 20 Minuten bei kleiner Flamme. Sie schmeckt aber differenzierter, nussig, einfach sehr gut. Nicht erschrecken: der Kern lässt sich beim Zerteilen durchschneiden und kann mitgegessen werden. Nach den uns vorliegenden Informationen sollte man die Frucht geschält verarbeiten; schälen am besten unter laufendem Wasser, weil der Gemüsesaft etwas klebt (aber nicht so stark wie bei Schwarzwurzeln). Weitere Gewürzrichtungen sind Muskat, oder wie in unserem Fall mit Honig und Tamarillo. Das führt zu unserem kulinarischen La Palma- Lieblingsthema, den Tamarillos. Diese länglichen Früchte gehören zu den Tomaten und sind bei uns als Baumtomaten bekannt - bekannt ist gut, sie gibt es in Deutschland bislang nicht zu erwerben (Stand 2015). Wir haben schon mal ein paar Exemplare mitgebracht, die Samen ausgesät, es kamen auch reihenweise Triebe (viele unserer Freunde haben welche bekommen), aber die drei Jahre, die das Gewächs braucht, um zur 3m hohen Baumtomate heranzureifen, hat unter den gegebenen klimatischen Bedingungen keiner der Setzlinge geschafft. In La Palma werden die Früchte selten mal im Supermarkt und im Früchtehandel angeboten (in kleinsten Mengen). Man isst sie als Frucht, nicht als Gemüse. Da war unsere Herangehensweise eine ganz Andere: eine Tamarillo-Frucht ins Tomaten-Sugo, da geht der Geschmack durch die Decke. Säure, Aroma, alles. Man muss vielleicht, je nachdem, etwas mit Süße gegenhalten, aber insgesamt - zusammen mit Oregano oder Thymian sowie Knoblauch ist das ein Gedicht. Oder man tut ein Exemplar in den Tomaten salat. Oder zum Kaninchen, jedesmal kommt diese säuerliche Würze durch. Und so haben wir gestern auch das Cayote-Gemüse mit einer Tamarille (?) angereichert, nebst Thymian, Pfeffer und einer Kardamon und etwas Anis, da kann man probieren nach Herzens Lust. Zum Schluss wurden die Filets in der Pfanne heiß gebraten, nur auf der Haut-Seite, nach 3 Minuten kurz den Deckel zu, nach 5 Minuten (nicht länger) fertig, ganz zart, saftig, die krosse Haut kann man prima mitessen.
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Alfonsino, etwa 900gr Cayote: gibt es in ganz verschiedenen Formen, manchmal mit Stacheln, manch-mal ganz schrumpelig, manchmal glatt. Tamarillo, die Baumtomate, eine wahre Geschmacks-Wundertüte. unten die schwarzen Kerne gut sichtbar. Der Rest vom Filetieren: im Bauchbereich bleibt etwas mehr Fleisch zurück, es ist aber nur ein hauchdünner Belag. (Für die absoluten Kenner: das ist ein Sardo, kein Alfo’, da sind die Fotos nichts geworden.)